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Aktuelles: „Barrieren abbauen – Zugänge schaffen“

11.11.2015

Unter diesem Motto startete das Fraueninformationszentrum (FIZ) des Mannheimer Frauenhaus e.V. in Kooperation mit der AG Barrierefreiheit und mit Unterstützung durch die Psychologische Beratungsstelle Notruf und Beratung für sexuell misshandelte Frauen und Mädchen im Herbst 2014 ein Projekt zur Unterstützung gewaltbetroffener Frauen mit Behinderung. Im Mittelpunkt des Projektes steht die Bildung eines lokalen Netzwerks von Frauenunterstützungseinrichtungen und Einrichtungen der Behindertenhilfe und –selbsthilfe.

Gemeinsames Ziel ist es, Informationen für gewaltbetroffene Frauen mit Behinderung zu verbessern, Zugänge zu Unterstützung zu erleichtern und Menschen im Umfeld der betroffenen Frauen für die Problematik zu sensibilisieren. Das Projekt wird neben der Erstellung einer barrierefreien Homepage des Mannheimer Frauenhaus e.V. im Rahmen des Programms „Impulse Inklusion“ des Sozialministeriums Baden Württemberg gefördert.

Frauen mit Behinderung erleben doppelt so häufig körperliche und psychische Gewalt und zwei- bis dreimal häufiger sexualisierte Gewalt als der Bevölkerungsdurchschnitt. Dies belegt die weltweit erste Studie zur „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ (Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend 2012), die weltweit erste repräsentative Studie zu dieser Thematik.

Gewalt ist Gewalt. Egal, welche Frau sie erfährt. Eine Behinderung oder Erkrankung ist jedoch ein weiterer Aspekt, der bei der Hilfe beachtet werden muss. Frauen mit Behinderung leben z.B. häufiger als nichtbehinderte Frauen in Abhängigkeitsstrukturen, da sie im Alltag Assistenz oder Pflege benötigen oder in Einrichtungen leben bzw. arbeiten. Diese Faktoren begünstigen das Vorkommen von sexualisierter und häuslicher Gewalt und erschweren den Zugang zum Hilfesystem; daher bedarf es einer besonderen Sensibilität.

Obwohl Fachberatungsstellen gegen Gewalt für alle Frauen und Mädchen da sind, erreichen die Angebote diesen Personenkreis nur selten. Oftmals sind unzureichende Strukturen zusätzlich erschwerend wie barrierefreie Zugänge zu Räumen oder zu wenige zielgruppenspezifische und niedrigschwellige Angebote.

Ziel unseres Projektes ist es, gewaltbetroffene Frauen mit Behinderung zu informieren, zu beraten, wirkungsvoll und adäquat zu unterstützen und passgenaue Zugänge zum Hilfesystem zu schaffen. Inklusion kann nur Realität werden, wenn sich die Hilfesysteme öffnen und miteinander vernetzen.

Hilfreich dafür kann der Aufbau von Vernetzungsstrukturen vor Ort mit Fachkräften aus den Einrichtungen der Behindertenhilfe, den Interessensvertretungen behinderter Menschen/Frauen, den Beauftragten der Kommune und den Frauenunterstützungs-einrichtungen sein.

Im Rahmen des Projektes trafen sich in Mannheim deshalb Vertreter und Vertreterinnen aus Einrichtungen der Behindertenhilfe, aus der Behinderten-selbsthilfe, aus den Frauenunterstützungseinrichtungen, Stadträtinnen, kommunale Beauftragte sowie Einzelpersonen zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch seit November 2014 regelmäßig.

Ergebnisse aus den Vernetzungstreffen: oder Was wir bisher erreicht haben:

  • Fachkräfte aus der Behindertenhilfe kennen die Angebote vor Ort für
    betroffene Frauen mit Behinderung
  • Fachkräfte aus den Frauenunterstützungseinrichtungen haben Einblick in die Arbeitsbedingungen in den Einrichtungen und wissen um die spezifischen Bedarfe von Frauen mit Behinderungen.
  • Einrichtungen und ihre Fachkräfte beschäftigen sich mit
    Schutzkonzepten, um angemessen auf Gewaltvorkommnisse reagieren zu können.
  • Austausch von Informationsmaterialien
  • Gemeinsame Entwicklung einer Info-Postkarte für Frauen mit Behinderung (auch in Brailleschrift, für blinde Frauen lesbar).
  • Aufnahme der Frauenunterstützungseinrichtungen in den Ratgeber für Menschen mit Behinderung der Stadt Mannheim
  • Veröffentlichung eines Artikels in der Zeitschrift „Gesundheitspress“ des Gesundheitstreffpunktes Mannheim
  • Infostand auf dem Maimarkt 2015 unter dem Motto „ Gemeinsam stark sein – aktiv leben mit und ohne Beeinträchtigung“

Gemeinsame Forderungen haben wir mit Bezug auf die Studie „Zugang von Frauen mit Behinderung zu Opferschutz- und Unterstützungseinrichtungen bei Gewalterfahrung“ (EU-Daphne-Projekt, 2014) entwickelt.

  • Bauliche Barrierefreiheit
  • Barrierefreie Information/Besserer Zugang zu Informationen und Beratung
  • Klare Leitlinien für den Umgang mit Verdachtsfällen
  • Klares Bekenntnis zu Inklusion und Selbstbestimmtem Leben
  • Sexualität leben können, auch in Einrichtungen
  • Verantwortung auf der Ebene der Politik für die Bereitstellung der
    erforderlichen finanzieller Mittel
  • Anlaufstellen in den Einrichtungen der Behindertenhilfe für gewaltbetroffene Frauen, z.B. Umsetzung des von Weibernetze.V. entwickelten Konzeptes für Frauenbeauftragte in Einrichtungen
  • Einrichtung einer Sozialberatungsstelle für gehörlose Frauen
  • Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention: Schutz vor Gewalt,
  • Teilhabe und gleichberechtigen Zugang zum Unterstützungssystem

Wir wünschen uns, dass wir die aus dem Projekt gewonnenen Erkenntnisse und Bedarfe in Zukunft mit tatkräftiger Unterstützung auch durch die Stadt Mannheim umsetzen können.

Annette Heneka, Projektleitung
Fraueninformationszentrum des Mannheimer Frauenhaus e.V.

 

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